Momente der Stille – Augenblicke zwischen uns – Die Dämmerung begann sich über die Landschaft zu legen, als Elowen den Motor ihres Motorrads startete. Der tiefe Klang des Auspuffs hallte in der warmen Sommerluft wider, während sie den Helm festzog und die Maschine in Bewegung setzte. Sie wusste, warum sie wieder dorthin fuhr. Zu dem Ort, an dem sie Kaelan das letzte Mal gesehen hatte – am Feldrand, wo dieser kleine verwunschene Platz mit der idyllischen Baumreihe war und die Zeit stillzustehen schien. Es war nicht geplant gewesen, aber in ihrem Inneren spürte sie, dass sie zurückkehren musste.
Die Straße vor ihr war leer, ein endloser Streifen Asphalt, der sich durch das satte Grün der Felder zog. Die tief stehende Sonne tauchte die Welt in goldene Töne, und für einen Moment fühlte sich alles wie ein Traum an. Ihr Herz klopfte schneller, als sie an ihn dachte. Kaelan – der Mann, der wie ein Sturm in ihr Leben getreten war und alles durcheinandergebracht hatte.
Elowen beschleunigte, spürte den Wind auf ihrer Haut, und mit jedem Kilometer wurde die Anspannung in ihrer Brust stärker. Was erhoffte sie sich von diesem Abend? Sie wusste es nicht. Vielleicht war es die Hoffnung, ihn wiederzusehen. Oder die leise Sehnsucht, die sie dazu trieb, einen Hauch von dem zu spüren, was zwischen ihnen unausgesprochen geblieben war.
Die unerwartete Begegnung
Als sie den kurzen Feldweg erreichte, der zu dem kleinen Platz führte, war sie so aufgeregt. Elowen schaltete den Motor aus, zog den Helm ab und ließ die Stille auf sich wirken. Das leise Rauschen der Blätter mischte sich mit dem entfernten Zwitschern von Vögeln, und sie atmete tief ein. Es war genau wie damals – friedlich, doch voller einer unerklärlichen Spannung.
Ein tiefes Grollen riss sie aus ihren Tagträumen. Als sie sich umdrehte, sah sie ihn: Kaelan, auf seiner Maschine, die im goldenen Licht des Abends glänzte. Der Motor verstummte, und er stieg ab, klappte sein Visier hoch, genauso lässig wie immer. Sie hatte nicht geglaubt, ihn wirklich zu sehen, doch hier war er, als hätte das Universum beschlossen, dass dieser Moment geschehen musste.
„Du bist hier“, sagte er leise, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern, das die warme Abendluft durchbrach.
Elowen schluckte und nickte stumm. Ihre Stimme schien sie verlassen zu haben. Es war nicht das erste Mal, dass er sie sprachlos machte, aber es fühlte sich jedes Mal wie das erste an.
Die unausgesprochene Spannung
Die Minuten vergingen in einer Mischung aus Stille und leichten Worten, die keinen Unterschied machten. Sie redeten über nichts und alles zugleich, doch die Spannung, die zwischen ihnen lag, war greifbar. Elowen spürte, wie ihr Herz bei jedem Blick, den er ihr zuwarf, schneller schlug. Sie konnte nicht aufhören, ihn anzusehen – die Art, wie das Licht der untergehenden Sonne sein Gesicht umrahmte, wie seine Augen sie zu durchdringen schienen.
„Warum bist du zurückgekommen?“, fragte er schließlich, seine Stimme leise, aber fest.
Elowen zögerte, die Worte blieben ihr im Hals stecken. Sie wollte ehrlich sein, aber die Wahrheit fühlte sich schwer an. „Ich finde es hier sehr schön…“, antwortete sie schließlich, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Kaelan trat näher, seine Schritte kaum hörbar auf dem weichen Kiesboden. „Manchmal frage ich mich, ob es Zufall ist, dass wir uns immer wieder hier finden“, sagte er, sein Blick fest auf ihr ruhend.
„Es fühlt sich nicht wie Zufall an“, gab sie zu, ihre Worte mehr für sich selbst als für ihn.
Der Moment der Nähe
Sie setzten sich auf eine kleine Bank unter der Baumreihe, die leicht in den Schatten getaucht war. Die Holzlatten waren alt, die Oberfläche an manchen Stellen rau, doch das störte keinen von ihnen. Eine kurze Stille breitete sich aus, die nicht unangenehm war, sondern wie ein Warten – darauf, wer zuerst etwas sagen würde.
Kaelan lehnte sich leicht zurück, seine Arme locker auf der Rückenlehne der Bank ausgebreitet. „Hättest du gedacht, dass wir uns hier wiedersehen?“ Sein Ton war beiläufig, doch in seinem Blick lag eine versteckte Neugier.
Elowen lachte leise, ihre Finger spielten nervös mit einem kleinen Anhänger an ihrer Jacke. „Wenn ich ehrlich bin, hatte ich gehofft, dich nicht wiederzusehen. Dann müsste ich mich nicht fragen, warum ich dauernd an diesen Ort denke.“
Kaelan hob eine Augenbraue, sein Lächeln wurde breiter. „Das klingt ja fast wie ein Kompliment. Fast.“
Sie schnaubte und schlug spielerisch mit der Hand gegen seinen Oberarm. Es war eine leichte, unbeschwerte Geste, aber sie spürte die Spannung in ihrem eigenen Körper, als ihre Finger kurz den Stoff seiner Jacke berührten.
„Mach dir nichts draus“, setzte sie nach, während sie ihm einen schelmischen Blick zuwarf. „Ich bin nur ehrlich. Kannst du damit umgehen?“
„Das könnte schwierig werden“, konterte er und lehnte sich ein Stück näher zu ihr, wobei sein Knie leicht ihr Bein streifte. „Ich bin nämlich nicht der Typ, der sich so leicht einschüchtern lässt.“
„Oh wirklich?“ Elowen drehte sich halb zu ihm, ihre Augen funkelten herausfordernd. „Das würde ich gern mal sehen.“
Kaelan lachte, ein leiser, warmer Klang, der sich mit dem Rauschen der Blätter vermischte. „Das klingt nach einer Einladung.“
„Vielleicht“, sagte sie, ihr Ton spielerisch, doch sie spürte, wie ihr Herz schneller schlug.
Eine plötzliche Bewegung ließ ihre Arme sich berühren – so zufällig, dass sie beide innehalten mussten. Für einen Moment sagten sie nichts, beide spürten die Wärme der kurzen Berührung, die elektrisierend war, obwohl sie nicht geplant war. Elowen konnte nicht sagen, warum sie plötzlich errötete, doch sie sah Kaelans Blick, der jetzt ebenfalls weniger gelassen schien.
Er räusperte sich und wandte den Blick kurz ab, seine Hand strich durch sein Haar. „Weißt du, ich glaube, diese Bank hat schon bessere Zeiten gesehen. Man sitzt irgendwie schief.“
„Das liegt nicht an der Bank, sondern daran, dass du so nervös bist“, konterte sie grinsend, wobei ihre Worte mehr Selbstbewusstsein ausstrahlten, als sie wirklich fühlte.
Kaelan sah sie an, und sein Lächeln kehrte zurück, dieses Mal mit einem Hauch von Resignation. „Okay, vielleicht ein kleines bisschen.“
Sie lachten beide, und für einen Moment schien die Spannung zwischen ihnen leichter zu werden – wie ein warmer Sommerwind, der die drückende Hitze auflockert. Doch tief in ihnen blieb das Gefühl bestehen, dass diese Begegnung mehr war als ein Zufall.