Echo der Sehnsucht – Gefangen im Licht und Schatten – Elowen saß auf der alten Holzbank auf einem Feldweg, die Sonne schien warm auf ihre Haut, und der Wind spielte sanft mit den Blättern. Die Farben um sie herum leuchteten in einem lebhaften Kaleidoskop – das satte Grün des Grases, die zarten Rosa- und Gelbtöne der Wildblumen, der makellose Himmel in seinem unendlichen Blau. Doch all das erreichte sie nicht. Die Wärme, die Lebendigkeit – sie prallten an der kalten, schweren Leere in ihrem Inneren ab.
Es war eine seltsame Art von Schmerz, einer ohne Wunden, aber mit einem Gewicht, das sie tief nach unten zog. Jeder Atemzug fühlte sich mühsam an, als müsste sie eine unsichtbare Last mit sich tragen. Der Ursprung dieses Schmerzes hatte einen Namen. Kaelan.
Sein Bild war so klar vor ihrem inneren Auge, als stünde er direkt vor ihr. Sein Blick – tief, forschend, irgendwie immer ein wenig melancholisch – hatte sie vom ersten Moment an in seinen Bann gezogen. Er war wie ein Rätsel, eines, das sie niemals vollständig lösen konnte, aber umso stärker in seinen Bann zog. Sie wusste nicht, ob er jemals dieselbe Intensität gespürt hatte wie sie, und vielleicht würde sie es auch nie erfahren.
Warum war sie so gefangen in ihm? Warum konnte sie nicht einfach loslassen? Diese Fragen hämmerte sie sich immer wieder ein, als ob das Mantra die Ketten sprengen könnte. Doch die Wahrheit war, dass ihre Gefühle nicht von Vernunft geprägt waren. Sie hatte ihn nicht gewählt, genauso wenig, wie man die Sonne oder den Regen wählte. Er war einfach da, wie ein unerwartetes Geschenk – oder vielleicht ein Fluch.
Jeder Moment mit ihm war ein Widerspruch gewesen. Seine Nähe fühlte sich wie Heimat an, als hätte sie endlich einen Ort gefunden, an dem sie ganz sie selbst sein konnte. Doch gleichzeitig war da diese Distanz, ein unsichtbarer Graben, den sie nie zu überqueren wagte. Er war greifbar, aber doch so fern, wie ein Traum, der beim Erwachen entgleitet.
Sie erinnerte sich an seine Berührung, so beiläufig, und doch hatte sie das Feuer entfacht, das jetzt in ihrer Brust brannte. Sein Lachen, das selten, aber ehrlich war. Die Art, wie er sie ansah – als würde er sie sehen, wirklich sehen. Aber vielleicht bildete sie sich das nur ein. Vielleicht waren all diese Momente, die sie fest in ihrem Herzen hielt, nur Projektionen ihrer eigenen Sehnsucht.
„Warum lässt du ihn nicht los?“, flüsterte sie sich selbst zu, ihre Finger gruben sich in das raue Holz der Bank. Die Antwort kam schnell, und sie war schmerzhaft einfach: Weil es wehtun würde, ihn gehen zu lassen. Er war das Einzige, was noch Sinn machte, und auch wenn es nur eine Illusion war, sie konnte nicht aufhören, daran festzuhalten.
Ein Paar ging lachend auf dem Feldweg an ihr vorbei. Ihr Lachen hallte in der Stille wider, riss sie aus ihrem Kreislauf aus Erinnerungen und Träumen. Elowen spürte einen Stich in ihrer Brust. Diese Menschen lebten, liebten, während sie hier saß und mit ihrer eigenen Sehnsucht rang.
Aber war das nicht genau das, was Liebe war? Sich verletzlich machen, offen sein für den Schmerz, der kommen konnte? Elowen schloss die Augen und versuchte, sich auf die Wärme der Sonne zu konzentrieren, auf die Vögel, die unermüdlich ihre Lieder sangen. Sie wollte die Welt spüren, die Welt jenseits von ihm. Doch stattdessen kamen die Erinnerungen zurück, stärker als zuvor.
Die schönen Momente mit Kaelan – ein Lächeln, das ein Licht in ihrem Inneren entzündete, eine beiläufige Berührung, die wie ein Versprechen wirkte. Sie spürte die Tränen in ihren Augen, ließ sie aber nicht fließen. Es war ein bittersüßer Schmerz, und sie klammerte sich an ihn, weil er alles war, was sie noch von ihm hatte.
In ihrer Fantasie spann sie die Fäden weiter. Sie stellte sich vor, was hätte sein können, wenn sie mutiger gewesen wäre, wenn die Umstände anders gewesen wären. In ihren Gedanken erlebte sie Szenen, in denen sie ihn halten konnte, wo sie mit ihm lachte, wo seine Worte sie wie eine Decke wärmten. Es war ein Traum, ein Ort, an den sie fliehen konnte, auch wenn sie wusste, dass sie irgendwann in die Realität zurückkehren musste.
Doch nicht heute. Heute würde sie sich erlauben, in diesem Schmerz zu verweilen. Sie würde ihn fühlen, durchleben, anstatt gegen ihn anzukämpfen. Vielleicht lag in dieser Hingabe eine Art von Heilung, ein kleiner Schritt in Richtung Loslassen.
Die Sonne begann sich zu neigen, und die Farben des Gartens wurden weicher, gedämpfter. Elowen lächelte schwach. Es war kein fröhliches Lächeln, sondern eines, das aus Akzeptanz geboren wurde. Sie wusste nicht, ob sie ihn jemals loslassen könnte. Aber sie wusste, dass sie diesen Moment in sich tragen würde, das Licht und den Schatten, die Kaelan in ihr hinterlassen hatte.
Und manchmal war das alles, was man tun konnte – den Schmerz umarmen und hoffen, dass die Zeit die Wunden sanft heilt.