Schmerzhaftes Loslassen – Der Moment des Abschieds #11

- Fortsetzung zu "Der Blick, der die Welt anhielt" -

by KK
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Moment des Abschieds - Ein stiller Moment voller Intensität, der zeigt, dass Liebe manchmal nicht ausreicht, um zusammenzufinden

Moment des AbschiedsElowen fuhr auf ihrem Motorrad die Straßen entlang, auf der sie manchmal auf Kaelan traf. Ihre Emotionen kochten hoch vor Glücksgefühlen, ihr Puls pochte hoch bis in ihrem Hals. Sie spürte, dass er näher kam, dass sie ihn heute wiedersehen würde. Sie wusste schon nicht mehr, wie sie sich selbst kontrollieren sollte, noch bevor sie ihn wirklich sah. Elowen hatte die Musik in ihrem Helm auf volle Lautstärke gestellt, um sich irgendwie zu bändigen, was fast vergebens war. 

An der Ampel vor ihr war rot und sie bremste langsam herunter bis sie zum Stillstand kam. Trotz ihres inneren Sturms war ihre Fahrweise kontrolliert und präzise, wie immer auf ihrer vertrauten Maschine. Sie hatte es selbst lackiert, ein glänzendes Perlmutt-weiß, mit matt-schwarzen Akzenten an den Frontscheinwerfern und den Lüftungsschlitzen an der seitlichen Verkleidung ihrer Sportler Rakete. Auch ihren Helm hatte sie in diesen Stil passend lackiert und ein pinkes Visier installiert. 

Chronologische Reihenfolge der Geschichten:

Diese Geschichte gehört zur Serie „Der Blick, der die Welt anhielt“ – und knüpft direkt an Teil #1 an.
Wenn du die gesamte Reise von Elowen und Kaelan verfolgen möchte, findet hier die chronologische Reihenfolge:

  1. Fremde Wege – Ein gemeinsamer Augenblick #7
  2. Das Echo der Sehnsucht, eingefroren im Moment #2
  3. Jenseits der Worte – unsichtbare Kraft des Moments #4
  4. Seelengefährten und Herzenswege: Die Kraft der inneren Freiheit #3
  5. Zwischen den Zeilen – Ein Moment im Schatten des Unausgesprochenen #8
  6. Momente der Stille – Augenblicke zwischen uns #6
  7. Der Wind, der uns trug – Ein Teil von Elowen #9
  8. Das Echo ihrer Freiheit – Das leise Nachbeben in Kaelan #10
  9. Gefangen im Nebel der Sehnsucht #5
  10. Der Blick, der die Welt anhielt #1
  11. Schmerzhaftes Loslassen – Der Moment des Abschieds #11

Der Moment des Abschieds

Die Ampel wechselte auf Grün und sie ließ die Kupplung langsam kommen und zog am Gashebel. Als sie die Kreuzung überfuhr und auf den linken Fahrstreifen wechseln wollte, sah sie Kaelans Maschine hinter sich. Wo war er denn jetzt so schnell und unbemerkt hergekommen? Oder war sie so in ihren Gedanken gewesen, dass sie das so übersehen konnte? Ihr Herz hüpfte vor Freude und ihre gemeinsames und gewohntes Spiel auf der Straße begann. Wie eine Einheit legten sie sich in die Kurven, die vor ihnen lagen, beschleunigten auf langen Geraden und hielten direkt nebeneinander an den roten Ampeln und blickten sich vertraut an. Kaelan wirkte auf Elowen irgendwie etwas abwesender, etwas unnahbarer und traurig.

In einer stillen Übereinkunft bogen sie von der Hauptstraße ab und folgten der vertrauten Strecke zu einem ihrer Lieblingsorte. Als die Motorräder verstummten, wurde der Wald mit seinem leisen Rascheln und den sanften Schatten wieder zum stillen Zeugen ihrer Begegnung. Kaelan nahm seinen Helm ab und strich sich durch die Haare, sein Blick auf den Horizont gerichtet, wo sich die Farben des Himmels langsam in zarte Rosa- und Orangetöne verwandelten. Seine Augen, sonst von einem leuchtenden Blau, wirkten heute stumpfer, fast grau. Elowen bemerkte es sofort.

Elowen setzte ihren Helm ebenfalls ab, schüttelte ihr Haar locker auf und stieg von ihrer kraftvollen Maschine. Sie legte den Helm neben dieser auf den Boden und ging direkt zu Kaelan. Sie wollte ihr Zögern korrigieren, das sie bei ihrer letzten Begegnung hatte, sie hatte genügend Zeit darüber nachzudenken und sie wußte, dass sie sich ihm nicht entziehen konnte. Trotz ihrer mahnenden Erfahrungen mit Männern, die sie immer unterdrücken und kontrollieren wollten, die ihrer Persönlichkeit einsperrten und ihr deren Willen einredeten. 

„Kaelan,“ begann sie leise, ihre Stimme zögerlich. Vorsichtig legte sie ihre Hand auf seine Knie und schaute ihn direkt an. Doch er unterbrach sie mit einem kleinen Kopfschütteln. Er wusste, dass es Zeit war, ehrlich zu sein, bevor die Dinge weiter außer Kontrolle gerieten.

„Ich kann nicht … ich darf das nicht,“ sagte er und sah nach unten auf seinen Tank. Seine Stimme war ruhig, aber schwer von Emotionen. „Du weißt, was ich fühle, Elowen. Aber es gibt jemanden, der auf mich zählt, der mich braucht.“

Seine Worte trafen sie wie ein Schlag, doch sie hielt seinem aufblickenden Blick stand. Ihre Augen suchten in seinem Gesicht nach einer Spur von Zweifel, nach einem Zeichen, dass er sich irrte. Aber alles, was sie fand, war eine schmerzhafte Entschlossenheit. Seine Augen, sonst leuchtend wie ein Sommerhimmel, hatten heute das matte Grau eines stürmischen Tages. Das war keine Leichtigkeit und keine Freunde, nur Leid. Sie konnte nicht anders, als seinen Schmerz zu teilen. Ihre eigene Brust zog sich zusammen, als sie die Schwere seiner Entscheidung begriff. 

Schmerzhaftes Loslassen

Sie schaute ihn mit großen Augen an, ihre Finger vergruben sich mit ihrem Schmerz leicht in sein Fleisch. Sie senkte den Kopf, und ein leises Seufzen entwich ihren Lippen. „Es tut mir leid, Kaelan“, sagte sie schließlich und zog ihre Hand zurück. „Ich will dir keine Sorgen bereiten.“ Ihre Stimme war ruhig, aber das Zittern darin verriet ihre innere Zerrissenheit. „Das war nie meine Absicht.“

Kaelan öffnete den Mund, doch keine Worte kamen. In seinem Inneren wütete ein wilder Ozean – Worte, Gefühle, Erklärungen, die alle gleichzeitig gesprochen werden wollten, aber keine fanden ihren Weg. Er hatte sie nie so verletzlich gesehen, war erschüttert über soviel Offenheit und Ehrlichkeit. Sie war immer die Starke gewesen, diejenige, die ihre Gefühle hinter einem undurchdringlichen Schleier verbarg. Doch heute fiel dieser Schleier, und was darunter lag, war roh und echt.

„Ich bin dir nicht fair gegenüber“, flüsterte er. „Was wir haben, ist echt, aber ich habe mich schon entschieden, bevor wir uns begegnet sind. Meine Frau ist Teil meines Lebens, und ich werde sie nicht betrügen.“

Elowen schloss kurz die Augen, um die Tränen zu unterdrücken, die ihr in die Augen stiegen. „Kaelan, du warst nicht unfair, das weißt du. Ich werde nicht der Grund sein, warum du das verlierst, was dir wichtig ist. Das wäre nicht richtig.“

Eine lange Stille legte sich zwischen sie, nur unterbrochen vom leisen Rascheln der Blätter. Schließlich griff sie nach seiner Hand, ihre Finger berührten die seinen nur flüchtig, bevor sie sie wieder losließ. Es war eine Geste voller Abschied und gleichzeitig ein letzter Versuch, die Verbindung festzuhalten, die sie so tief empfunden hatte.

Kaelan sah sie an, sein Gesicht von tiefer Traurigkeit und Verwunderung gezeichnet. „Vielleicht sehen wir uns auf der Straße wieder,“ sagte er mit einem freudlosen Lächeln, das mehr schmerzte, als es tröstete.

Elowen nickte langsam, doch ihre Worte verrieten die Hoffnungslosigkeit, die sie in ihrem Inneren spürte. „Vielleicht … aber wahrscheinlich nicht.“ Er zuckte zusammen. 

Als sie sich umdrehte und langsam auf ihr Motorrad zuging, fühlte sie, wie ein Teil von ihr bei ihm zurückblieb. Doch sie wusste, dass sie gehen musste. Für ihn, für sich selbst. Sie konnte ihn nicht in einen Konflikt stürzen, der ihn zerreißen würde.

Kaelan blieb stehen, seine Hand immer noch ausgestreckt, wo sie ihre kurz gehalten hatte. Der Wind zog durch die Bäume, brachte den Duft von Erde und Blättern mit sich. Er wusste, dass dies der richtige Weg war, doch warum fühlte es sich so an, als hätte er etwas Unersetzliches verloren?

Elowen setzte sich auf ihr Motorrad, ließ die Hände einen Moment länger als nötig auf den Griffen ruhen und atmete tief durch. „Vielleicht ist das meine Strafe“, dachte sie. „Es gibt das Glück, was ich suche, nicht für mich.“ Ihr Herz fühlte sich an, als würde es in ihren Händen liegen, offen und ohne Schutz. Sie setzte den Helm auf und blickte ein letztes Mal in seine Richtung, bevor sie den Motor startete. Dann richtete sie ihren Blick auf die Straße und fuhr los.

Als die Motorengeräusche verklangen, blieb Kaelan allein zurück, sein Blick auf den Punkt gerichtet, den sie gestanden hatte. Er wusste, dass dies der richtige Weg war – der einzige Weg. Doch in seinem Innersten schrie alles in ihm, dass er gerade etwas verloren hatte, das er nie wiederfinden würde.

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