Zwischen den Zeilen – Ein Moment im Schatten des Unausgesprochenen #8

Vorgeschichte zu - "Der Blick, der die Welt anhielt"

by KK
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Elowen, eine Frau, die gewohnt ist, Menschen auf Distanz zu halten, trifft auf Kaelan, der mühelos die Mauern um ihr Herz durchbricht. Ihre zufälligen Begegnungen auf Motorrädern entfalten eine besondere Dynamik voller unausgesprochener Gefühle, neckender Worte und einer wachsenden Vertrautheit, die beide überrascht. Inmitten von Geschwindigkeit, Stille und unerwarteter Nähe entsteht eine Geschichte über den Mut, sich dem Unbekannten zu öffnen und die Grenzen des Gewohnten zu überwinden.

Zwischen den ZeilenElowen saß auf der Kante eines Felsens, ihre Stiefel in den feuchten Boden gedrückt, während die Abendsonne das Tal unter ihr in ein goldrotes Glühen tauchte. Der Fahrtwind lag noch auf ihrer Haut, und der Klang von Kaelans Motorrad, das neben ihrem zum Stillstand gekommen war, hallte in ihrem Kopf nach. Sie hätte sich normalerweise fragen sollen, warum sie zugestimmt hatte, hierher mitzukommen – einem Ort, den er vorgeschlagen hatte. Doch sie tat es nicht – nicht bei ihm. Hatte sie doch darauf gehofft, ihn wiederzusehen. Natürlich fuhr sie deshalb immer diese Strecke, auf der sie sich ab und an trafen und wortlos eine Verbundenheit eingingen, wie schon beim ersten Treffen.

Chronologische Reihenfolge der Geschichten:

Einige Wochen sind seit ihrer letzten Begegnung vergangen. Die Verbindung zwischen Elowen und Kaelan bleibt zart und unausgesprochen, doch beide scheinen sich von der Präsenz des anderen angezogen zu fühlen – trotz oder gerade wegen ihrer gegenseitigen Verschlossenheit. Ein weiterer zufälliger Moment führt sie zusammen, diesmal an einem Ort, der scheinbar keine Bedeutung hat, und doch so viel Raum für leise Annäherungen bietet.

  1. Fremde Wege – Ein gemeinsamer Augenblick #7
  2. Das Echo der Sehnsucht, eingefroren im Moment #2
  3. Jenseits der Worte – unsichtbare Kraft des Moments #4
  4. Seelengefährten und Herzenswege: Die Kraft der inneren Freiheit #3
  5. Zwischen den Zeilen – Ein Moment im Schatten des Unausgesprochenen #8
  6. Momente der Stille – Augenblicke zwischen uns #6
  7. Der Wind, der uns trug – Ein Teil von Elowen #9
  8. Das Echo ihrer Freiheit – Das leise Nachbeben in Kaelan #10
  9. Gefangen im Nebel der Sehnsucht #5
  10. Der Blick, der die Welt anhielt #1

Zwischen den Zeilen

Kaelan hatte einen natürlichen Hang dazu, Menschen in seinen Bann zu ziehen, doch bei Elowen war er anders. Er wirkte zurückhaltend, fast vorsichtig, als wolle er sie nicht verschrecken. Und das irritierte sie. Die meisten Menschen verstanden schnell, dass sie keine Nähe suchte, dass sie Gespräche gern auf einer Ebene hielt, die leicht und unpersönlich war. Doch Kaelan war … anders. Nicht aufdringlich, nicht plump. Einfach da. Und statt sich davon gestört zu fühlen, ließ sie es zu. Fast schon widerwillig fand sie es angenehm.

„Ist das dein Lieblingsort?“, fragte sie schließlich, den Blick weiter auf den Horizont gerichtet.

Kaelan stürzte sich mit verschränkten Armen auf dem Tank seines Motorrades ab und schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich. Aber ich dachte, es könnte dir gefallen.“

Da war wieder diese Stimme – tief, mit einem Hauch von Wärme, die sie fast aus dem Konzept brachte. Sie nahm den Helm ab und fuhr sich durch die Haare, eine fast mechanische Bewegung, um ihre wachsende Nervosität zu kaschieren.

„Es ist schön“, sagte sie schließlich, ohne ihn anzusehen.

Das Schweigen zwischen ihnen war schwer, aber nicht unangenehm. Es war ein Schweigen, das etwas zu sagen schien, ohne es auszusprechen. Sie spürte Kaelans Blick auf sich, so intensiv, dass es sie fast zwang, sich zu bewegen, doch sie blieb sitzen.

„Weißt du“, begann er schließlich, „du bist nicht wie die meisten Menschen.“

Elowen lachte leise, ein kurzer, trockener Laut. „Das höre ich öfter.“

„Ich meine das ernst.“ Seine Stimme klang jetzt anders – nachdenklicher, leiser.

Sie drehte sich um und sah ihn an. „Die meisten Menschen denken, sie kennen jemanden, nur weil sie ein paar Worte gewechselt haben.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Aber wir beide wissen, dass das nicht so funktioniert.“

Kaelan hielt ihren Blick, und für einen Moment spürte sie diese Wärme, die sie jedes Mal irritierte, wenn er ihr zu nahe war. Sie wusste nicht, warum sie ihn nicht auf Distanz hielt. Bei anderen hätte sie längst eine Art Mauer errichtet, ein unverbindliches Lächeln aufgesetzt oder die Situation auf eine Art entschärft, die sie zu einer unverfänglichen Unterhaltung machte. Aber bei ihm … sie konnte es nicht erklären.

„Du hast recht“, sagte er schließlich. „Die meisten Leute sehen nur, was sie sehen wollen. Aber bei dir ist es … anders.“

Elowen zog eine Augenbraue hoch. „Anders?“

Er nickte, trat einen Schritt näher, aber nicht so nah, dass es unangenehm wurde. Sie hatte nicht mal bemerkt das er von seinem Motorrad abgestiegen war. Manchmal bewegte er sich so schnell und leise, dass sie ihn vollkommen aus den Augen verlor.
Es war, als wüsste er instinktiv, wie weit er gehen konnte, ohne sie zu bedrängen. „Ich hab das Gefühl, dass du dich bewusst auf Abstand hältst. Aber …“ Er hielt inne, als würde er seine Worte abwägen. „Manchmal sieht es so aus, als würdest du es bei mir nicht ganz so ernst nehmen.“

Das traf sie unerwartet. Sie wusste, dass er recht hatte, aber sie wollte es nicht zugeben – nicht vor ihm, und vor allem nicht vor sich selbst. Statt einer Antwort richtete sie ihren Blick wieder auf den Horizont.

„Vielleicht bist du einfach schwer einzuschätzen“, sagte sie schließlich, ihre Stimme ruhiger, als sie sich fühlte.

Er lachte leise, und das Geräusch löste etwas in ihr aus, das sie nicht benennen konnte. Es war keine Bedrohung, kein Gefühl von Gefahr, sondern etwas … anderes. Etwas, das sie nicht gewohnt war.

„Vielleicht“, sagte er, „liegt das daran, dass wir beide nicht so gut darin sind, uns in die Karten schauen zu lassen.“

Elowen drehte sich um und sah ihn an. Diesmal war ihr Blick anders – offener, verletzlicher. Sie wollte etwas sagen, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. Stattdessen lächelte sie schwach und schüttelte den Kopf. „Du redest zu viel.“

„Vielleicht“, gab er zurück, „aber vielleicht höre ich auch einfach nur zu.“

Der Moment zwischen ihnen wurde durchbrochen, als der Wind auffrischte und die Blätter der Bäume in Bewegung setzte. Für einen kurzen Moment war da eine zufällige Berührung – seine Hand streifte ihre, als er sich auf die Bank setzte, die kaum Platz für zwei bot. Sie zog ihre Hand nicht zurück, obwohl sie normalerweise eine solche Nähe sofort beendet hätte. Aber es war keine bewusste Entscheidung. Es war einfach … passiert.

Sie wechselten das Thema, neckten sich über ihre Motorräder, über die Strecke, die sie gefahren waren, und lachten leise über die kleinen Dinge, die sonst keine Bedeutung gehabt hätten. Doch jede Bewegung, jeder Blick hatte eine Tiefe, die beide spürten, ohne sie anzusprechen.

Am Ende des Abends, als die Dunkelheit über sie hereingebrochen war, standen sie nebeneinander, ohne ein Wort zu sagen. Es war Elowen, die schließlich sprach.

„Vielleicht sehen wir uns wieder“, sagte sie leise, ein Hauch von Unsicherheit in ihrer Stimme.

Kaelan drehte sich zu ihr, sein Blick so intensiv wie der Moment selbst. „Vielleicht“, sagte er, und ein leises Lächeln spielte auf seinen Lippen.

Und dann war er weg, sein Motorrad verschwand in der Nacht, und Elowen blieb zurück – nachdenklich, still, und zum ersten Mal unsicher, wohin diese Begegnung sie führen würde.

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