Und meine Entscheidung fiel diesmal endlich für mich: Das Geheimnis der Angst: Meine eigene Kunst mit der Welt teilen. Mein Mann feiert meine Entscheidung, denn er ist überzeugt, dass ich genau das tun sollte. Doch in meinem Kopf toben die Ausreden wie Popcorn in einer heißen Pfanne: „Ich bin sehr gut in meinem Job.“ „Ich habe ein erfolgreiches Unternehmen mit 20 Jahren Erfahrung aufgebaut.“ „Kunst ist doch Kinderkram, nichts Handfestes.“ Die Liste ist endlos und laut.
Die Wurzeln des Erfolgs
Ich habe meine Firma 2004 in einer alten Scheune gegründet, die ich mit einem Freund ausgebaut habe. Mit seinem goldenen Rat „Mach dich doch selbstständig!“ verkaufte ich damals ein paar Leinwandbilder auf eBay. In den tiefen Wäldern des Erzgebirges erschien das Online-Geschäft wie ein Fenster zur Welt. Aus meinen gemalten Leinwänden wurden Kunstdrucke, von meinen Fotografien und auch Lizenzkäufe von Fotografen, meine exklusiven Weltkarte-Designs, und schließlich eine große Firma. Eine Firma, die all meine Zeit mit Bürokratie, Führung, Management und Projektplanung aufbrauchte. Tatsächlich ein kleines Meisterwerk, auf was ich stolz sein kann.
Der einfachere Weg
Du merkst sicherlich, dass ich weit vom Ursprung abgekommen bin. Der einfachere Weg war für mich emotional der, mich nicht der Ungewissheit hinzugeben und meine Kunst nicht mit der Welt zu teilen, denn ich habe immer noch Angst, dass es niemanden gefällt oder interessiert. Es ist sogar ein Stück weit, sehr persönlich und gefühlt peinlich. 20 Jahre habe ich Wandbilder verkauft, eine Manufaktur aufgebaut, die hochwertige Leinwandbilder, Glasbilder und Blechschilder, sowie Weltkarten mit Pinnwand-Funktion herstellt und online vertreibt. Doch nie habe ich ein Bild erschaffen und verkauft, das wirklich aus meiner Seele spricht. Ich habe meine Perfektion ausgelebt, aber keiner kennt, was ich in meinen Kopf für wundervolle Werke sehe. Meine Kunst in der Firma war immer darauf ausgerichtet, was die breite Masse im Wohnzimmer haben möchte, welche Farben zu den Möbeln passen.
Ein Risiko, das es wert ist
Jetzt, nach 20 Jahren, fühle ich mich leer, freudlos, gelangweilt und energielos, obwohl ich meine Firma liebe 🤷🏻♀️. Zeit, einen Bruch zu riskieren! 😁🥳 Es klingt hart, und vielleicht ist es finanziell eine dumme Entscheidung, aber es fühlt sich so gut und befreiend an. Immerhin grüble ich schon seit zwei Jahren darüber nach 😅.
Die Angst vor dem Risiko
Es gibt ein Zitat von Erica Jong: „Wenn du nicht riskierst, was du hast, riskierst du, dass du nie herausfindest, was du wirklich bist.“ Dieses Zitat spricht die Tiefen und Widersprüche des kreativen Prozesses an – vor allem die Angst, seine eigene Kunst der Welt zu zeigen.
In einer Welt, in der jeder ein Kritiker zu sein scheint, kann es beängstigend sein, seine innersten Gedanken, Ideen und Kreationen preiszugeben. Die Kunst kommt aus der tiefsten Seele des Künstlers, sie ist eine Erweiterung von uns selbst. Daher ist die Angst davor, kritisiert oder missverstanden zu werden, nicht nur verständlich, sondern auch eine menschliche Reaktion.
Die Gründe für das Meide-Verhalten
Angst vor Ablehnung: Es ist schwer, etwas so Persönliches und Bedeutungsvolles jemand anderem zu zeigen und sich dann einer möglichen Ablehnung zu stellen.
Angst vor Kritik: Selbst wenn die Kritik konstruktiv gemeint ist, kann sie schmerzhaft sein. Jede Anmerkung kann wie ein Dolchstoß ins Herz des Künstlers wirken.
Angst vor Missverständnis: Oft ist es nicht die Kritik selbst, die verletzt, sondern das Gefühl, dass der andere die Intention oder den emotionalen Wert des Kunstwerks nicht verstanden hat.
→ doch ist das nicht eigentlich egal? Sollten wir uns wirklich auf die Angst konzentrieren oder lieber diese akzeptieren und wieder dem widmen, was wir lieben?
Der Wert des Teilens
Trotz dieser Ängste gibt es wichtige Gründe, unsere Kunst zu teilen:
Wachstum durch Feedback: Durch das Teilen unserer Kunst und das Erhalten von Feedback können wir wachsen, lernen und uns weiterentwickeln.
Verbindung mit anderen: Kunst hat die Fähigkeit, Menschen zu verbinden. Durch das Teilen können wir uns mit Menschen in Kontakt bringen, die sich in unserem Werk wiederfinden.
Selbstakzeptanz: Indem wir unsere Ängste überwinden und unsere Kunst teilen, üben wir auch, uns selbst anzunehmen – mit all unseren Fehlern und Imperfektionen.
Der strenge Endboss
Ich denke, dass man für sich selbst der strengste Endboss ist. Wenn man seine Kunst selber liebt und wertschätzt, kann auch keine blöde Kritik so schnell an dem eigenen Vertrauen in sich selbst kratzen. Man wird stark und nimmt seine Werke selber wertvoll wahr.
Neben der Kritik werden auch andere Stimmen kommen, Stimmen von Gleichgesinnten, die mit denselben Gedanken und Ängsten kämpfen oder umgehen gelernt haben.
Gesellschaftliches Ansehen
Auch mit dem Vergleich sollte man aufräumen. In meinen Gedanken ist meine Firma (der Verkauf ist noch im Abschluss) also das Arbeiten für meine Firma mehr wert. Wenn ich einen Bleistift in die Hand nehme und einen Drachen kritzele, denke ich sofort an „Kritzelei“. Doch ist das so? Ist es mehr wert, für eine Firma zu arbeiten, als etwas zu erschaffen? 🤔
Rein rational hat niemand mehr oder weniger davon, ob ich dies oder das tue. Ob ich ein Unternehmer bin oder ein Künstler, es macht in der Tat keinen Unterschied und doch will mir mein Kopf genau das einreden. Gesellschaftlich ist ein Chef eines Unternehmens höher angesehen als ein Künstler, denn er hat ja was geleistet. Besonders schwer war bei mir auch die Reaktion meiner Mitarbeiter, denn irgendwie habe ich es geschafft, dass sie die Arbeit abgöttisch lieben und mich als Chef behalten wollten um jeden Preis.
Doch ich habe an meinen Entschluss festgehalten, denn ich hatte bereits für die Firma und die Mitarbeiter mich viel zu lange hinten dran gestellt. Auch mein Körper hat mir dies deutlich gezeigt, mehr als deutlich. Mein Tipp: Lass es nicht so weit kommen!