Charakterdesign – Die Seele hinter den Linien. Was ist Charakter-Design? Im Grunde ist es der kreative Prozess, durch den eine Figur entsteht – sei es für Filme, Spiele, Comics oder Bücher. Doch es ist mehr als nur eine optische Gestaltung. Ein gutes Charakterdesign erschafft eine Figur, die lebt, die eine Geschichte erzählt, die Emotionen weckt.
Oft bedeutet Charakterdesign, dass Künstler akribisch an Details arbeiten, Proportionen studieren, Referenzbilder sammeln und durch zahllose Skizzen eine perfekte Figur erschaffen. Doch ich arbeite da etwas anders.
Ein leeres Blatt. Ein Augenblick Stille. Dann die erste Linie. Sie ist unsicher, tastend, eher chaotisch. Doch sie trägt bereits ein Geheimnis. In diesem Moment spüre ich es – hier entsteht keine bloße Figur, hier erwacht eine Seele. Ich zeichne keine Charaktere, ich entdecke sie.
Ja, das klingt seltsam, aber ich kann sie fast spüren. Bzw. weiß ich echt nicht, wie ich es besser beschreiben soll. 😅
Für viele ist Charakterdesign reines Handwerk: Anatomie, Posen, Proportionen. Und ja, das kann wichtig sein – aber für mich fühlt es sich eher wie ein Abenteuer an. Ich studiere und entdecke alles auf dem Weg. Beim Erschaffen, nehme ich im Grunde einfach 2-3 Schritte weg um direkt einzutauchen.
Ich stürze mich direkt in das Bild, ich zeichne eine Skizze (ihre ersten Linien) und darüber lege ich direkt die fertige Figur. Keine endlosen Studien, keine perfekten Vorzeichnungen. Stattdessen ein wildes Erkunden, eine Suche nach Leben auf der Leinwand. Manchmal starte ich mit einer Form, einem flüchtigen Gedanken einer Pose – und plötzlich sehe ich mehr. Die Haltung nimmt mehr Form an … und mit jeder Linie wird eine Geschichte lebendig.
Ich wähle oft Motive, die eigentlich viel zu schwer sind. Drachen, Monster, Wesen, die ich anfangs selbst kaum erfassen kann. Warum? Weil alles andere für mich so spannend ist wie ein Grauton auf grauem Papier. 😅 Ich brauche das Chaos, das Kribbeln und selbst das Verzweifeln, wenn ich nicht weiß, ob ich es hinbekomme. Genau das ist der Reiz, das ist mein Ansporn. Der Moment, in dem ich kämpfe, in dem ich nicht weiß, ob es klappt – das ist der Moment, in dem der Charakter beginnt, zu erwachen.
Und während ich zeichne, entfaltet sich seine Seele. Plötzlich hat die Figur eine Persönlichkeit. Ein wissender Blick, Details, die ich vorher nicht kannte, und eine ungezähmte Wildheit. Es ist kein geplantes Design, es ist eine Begegnung.
Natürlich klingt, dass ein wenig verrückt – ich meine, wer redet hier schon davon, dass Linien zu mir sprechen 😂? Aber genau das ist es irgendwie. Ich fühle mit den Linien, und entdecke etwas in ihnen, was zuvor unsichtbar war.
Der klassische Weg – und warum ich ihn kaum nutze
Traditionelles Charakterdesign folgt oft einer klaren Struktur: Studien, Proportionen, technische Perfektion. Aber für mich ist das zu statisch. Statt Charaktere zu planen, lasse ich sie entstehen. Ich entdecke sie. Sie erzählen mir ihre Geschichte.
Doch manchmal reicht das Zeichnen allein nicht. Die Linien sprechen – und sie erzählen Geschichten. Plötzlich will ich mehr wissen: Wer ist diese Figur? Was hat sie erlebt? Hat sie Narben und warum trägt sie diese? Und genau dann beginne ich, ihre Geschichten zu schreiben. Komplexe Background-Storys, die nicht nur das Aussehen, sondern die Seele der Figur formen.
Ich zeichne sie in neuen Posen, fange andere Facetten ein. Manchmal will ich sie sogar modellieren – als wäre die Figur nicht nur eine Zeichnung, sondern ein lebendes Wesen.
Möchte ich dich also lehren, wie du perfekte Charaktere zeichnest? Nein. Ich möchte dir zeigen, dass du sie entdecken kannst. Dass es nicht immer um Kontrolle geht, sondern um das Finden. Um die Neugier, die dich antreibt. Deine Leidenschaft.
Und wenn du das nächste Mal zeichnest, vergiss den Druck, perfekt zu sein. Nimm einen Stift, setze eine Linie – und horche, was sie dir erzählt.